Ein Artikel der Kinzigtal Nachrichten vom 11.01.2016
VON MARGIT STROTT-HEINRICH

Historische Weinprobe

Zwei Weineinkäufer erwachen nach 320 Jahren zum Leben
Vergnüglich-historischer Rückblick informiert über den Rebenanbau früherer Zeiten

Zum fünften Mal lud die „Weinbruderschaft ad via regia A.D. 1670“ zu einer historischen Weinprobe ein. Passend dazu kredenzten zwei historische Weineinkäufer den Rebensaft.

Von den Weineinkäufern Casper (Hans-Joachim Knobeloch) und dessen Sohn Christoph Jacobi (Thorsten Dietrich), die einst in Steinau das jacobinische Kaufhaus führten, erfuhren die 28 Gäste in der Remise des Brüder-Grimm-Hauses so einiges über den Rebensaft. Als Mundschenke fungierten Oskar Müller und Sonja Dietrich.

Nach einem Rausch vor fast 320 Jahren erwachten die beiden Weinhändler in einem Weinkeller hinter alten Holzfässern. Der Keller war irgendwann abgemauert worden, und die Ruhe der Händler wurde gestört, weil der Winzer die Mauern wieder einriss. Ihre Pferdegespanne waren weg, und sie hatten nur noch 235 Gulden, die man vom Rat der Stadt bekommen hatte. Jetzt galt es, sich zu sputen, denn es bestand die Sorge, dass man aufgrund der Verspätung im Schnappkorb an der Kinzig landen könnte. Der Weineinkauf fiel nicht schwer, denn die Orte, in denen schon vor 320 Jahren der Wein angebaut wurde, die gibt es noch immer.

Vor 320 Jahren wurden sogenannte gemischte Sätze ausgebaut, das heißt, man baute unterschiedliche Rebsorten gemeinsam an und kelterte sie. Heutzutage baut man den Wein jedoch rebsortig an. Ob das wohl den Ratsherren schmecken würde? Dies sollten die „leibhaftigen Trunkenbolde“, wie Christoph Jacobi sie nannte, herausfinden.

Diese vergnügliche Weinprobe wurde von der Arbeitsgruppe des Steinauer Geschichtsvereins „Weinbruderschaft ad via regia A.D. 1670“ veranstaltet, die sich die Wiederbelebung des Weinbaus in Steinau auf die Fahnen geschrieben hat. Und dazu gehört der Anbau der Reben am Weinberg, an dem sich alle Mitglieder aktiv beteiligen.

Der erste Wein, der ausgeschenkt wurde, war ein Steinauer Rosé. Alle anderen Weine stammen von der historischen Weinroute, die von Gambach über Retzbach und Thüngersheim bis nach Erlabrunn reicht.

Während Christoph Jacobi viel Wissen über die verschiedenen Weinsorten vermittelte, glänzte sein Vater Casper mit Weinsprüchen und Anekdötchen von Weintrinkern aus der Brüder-Grimm-Stadt. Märchenerzählerin Mariéle Syllwasschy erzählte die Geschichte „Die zertanzten Schuhe“, in der Wein ebenfalls eine Rolle spielt. An diesem Abend wurden die Geschmacksnerven gestärkt und geprüft. Denn es galt, das besondere Aroma eines Erlabrunner Weins zu erraten. Die Lösung: Er schmeckt ein wenig nach Eisbonbons.
Bei Brot, Käse und Wein verging die Weinprobe wie im Fluge. Ein zweiter Termin findet in Kürze statt, ist jedoch schon ausgebucht.