Ein Artikel der Kinzigtal Nachricht, von Marcus Lotz

Gefühlvolle Hände sorgen für Erhalt der alten Stadtmauer

Hans-Joachim Knobeloch informiert über Geschichtliches und Aktuelles

Auf den Spuren der Mauerspechte unterwegs war eine Gruppe unter der Leitung von Hans-Joachim Knobeloch. Zusammen mit Udo Pauli erklärte Knobeloch, an welchen Stellen in Steinau die „Mauerspechte“ im Laufe der Jahre Hand angelegt haben.

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Zu Beginn der Führung reichte Hans-Joachim Knobeloch den Teilnehmern Pfingstwasser in einem speziellen Tongefäß, den Pfingstinseln. Danach ging es erst einmal hinter die Katharinenkirche, wo die „Mauerspechte“, eine Gruppe emsiger Renter, in monatelanger Arbeit ein Tor zugemauert hatten, welches heute hinter wildem Wein verborgen liegt.

Im Bereich des Seniorenheims hatten die Mauerspechte gar eine ganze Mauer versetzt, außerdem legten sie eine Sitzecke mit Sandsteinen und ein Tor zur Ziegelgasse an, als klar wurde, dass das Seniorenheim in seiner damaligen Größe nicht weiter bestehen konnte. Ein paar Meter weiter machte Knobeloch auf einen Turm aufmerksam, welcher einen Einstieg in einiger Höhe aufweist und daher nur über eine Leiter erreichbar ist. Wie Udo Pauli, Sprecher der Mauerspechte, erklärte, schädige hier wie auch an anderen Stellen Efeu das Mauerwerk, weswegen es regelmäßig entfernt werden müsse. Doch nicht nur Efeu, auch ein Hufeisen befindet sich an diesem Abschnitt der Stadtmauer. „Das gehört zu den Fundsachen, die die Mauerspechte beim Restaurieren zusammen mit Glasscherben und anderen Dingen fanden“, erklärte Knobeloch. Zur Erinnerung sei das Hufeisen anschließend eingemauert worden.

stnnfst8„Hier war ich auch schon lange nicht mehr“, stellte eine Frau fest, als sich die Gruppe zum Obertorzwinger begab. Die Mauer, die dort am Durchlauf des Waldmühlengrabens steht, war vor dessen Restaurierung kaum noch vorhanden. Auch der Turm wies früher lediglich Restbestände auf, bevor er von den Mauerspechten wieder instand gesetzt wurde. „Dieser Bereich war früher für die Menschen sehr wichtig“, erläuterte Knobeloch, „geschützt zwischen den Mauern bewirtschafteten die Bewohner hier viele kleine Pflanzbeete.“
Doch nicht nur Efeu und die Witterung zehrten im Laufe der Jahre an der Mauer. Auch der Mensch leistete dazu einen Beitrag, insbesondere im 18. Jahrhundert, als die Mauer zum Abriss freigegeben wurde. „Der Unterhalt war zu teuer und nach dem Dreißigjährigen Krieg waren viele Gebäude zerstört, also durften sich die Leute an der Stadtmauer bedienen“, berichtete Knobeloch. Außerdem wurde es den Bewohnern erlaubt, direkt auf der Stadtmauer sowie außerhalb davon zu bauen. Dies sei insbesondere in Steinau lange Zeit keine Selbstverständlichkeit gewesen. „Erst 1929 bis 1933 wurde der südliche Teil Steinaus geöffnet“, so Knobeloch.

Weiter ging es zu einem Turm hinter der Meistergasse, der so abgetragen war, dass die Mauerspechte zwei Jahre lang mit der Restaurierung zubrachten.
Für solch mühevolle Arbeiten erhielten die Mauerspechte bereits den Hessischen Denkmalpreis sowie den Bundesdenkmalschutzpreis. „Dank der Mauerspechte ist die gesamte Wehranlage mit wenigen Ausnahmen erhalten geblieben. Darauf kann man stolz sein“, honorierte Knobeloch die Arbeit der Helfer, die mittlerweile ein Durchschnittsalter von über 70 erreicht haben.

Dass sie bei all der Arbeit nie den Humor verlieren, beweist ein steinernes Paar Frauenbrüste, welches der aufmerksame Beobachter an der Mauer im Zwinger findet. Hier, so lautet die Legende, sollen die Brüste einer fremdgehenden Frau einst zu Stein geworden sein. Von welchem Mauerspecht das Kunstwerk stammt, konnte oder wollte Udo Pauli nicht sagen, stellte aber fest: „Wer auch immer es war, er hatte sehr gefühlvolle Hände.“